Wer schwanger ist, hat hohe Erwartungen, ohne großes Zutun. Automatisch. An sich selbst, an das werdende Kind, an den Partner, an die Familie. Schwanger zu sein, wird mit vielem verbunden. Dass auch Ängste dazu gehören, will man nicht unbedingt wahrhaben, aber es ist ebenso natürlich.
Die Angst vor Veränderung, die Angst vor berechtigten Risiken, aber auch die Angst vor dem Unbekannten. Es würde nicht so viele Menschen auf der Welt geben, wenn die Schwangerschaft an sich nicht sicher und recht ungefährlich wäre. Aber diese vermaledeite Statistik macht es auch der einzelnen Frau schwer: die Erwartungen, dass alles glatt gehen muss, weil es doch in so und so viel Fällen gut geht, ist groß, manchmal erdrückend und nicht förderlich. Nämlich genau dann nicht, wenn es wirklich ein Risiko gibt oder eine Komplikation auftritt. Das fängt schon damit an, dass die Frauen, die zu mir in die Praxis kommen, im Schnitt immer älter gebärend sind. Nicht automatisch muss eine ältere Frau ein krankes Kind zur Welt bringen, das erhöhte Risiko ist wiederum eine statistische Zahl, die nicht jede Frau betrifft.
Dazu kommt das Internet! Vielleicht lesen Sie gerade diese Zeile, Sie sind schwanger geworden und haben Fragen. Es ist normal, Fragen zu haben, genauso normal wie schwanger zu sein. Aber jede Frage birgt das Risiko einer folgenschweren Antwort, genau wie die Schwangerschaft. Heutzutage scheinen diese Antworten ganz nah, mit ein paar Klicks bekommt man sie freihaus, früher konnte man höchstens Ratgeber zu Rate ziehen oder Freundinnen fragen. Nun sollte man, wenn man Ängste hat, darüber sprechen. Das ist gut! Mit dem Partner, mit Freunden, am besten aber mit dem Arzt. Trauen Sie sich! Es ist Ihr Recht, Fragen zu stellen. Das Internet bringt viele Antworten, ich will es nicht schlecht machen, die Zeit kann man auch nicht mehr zurückdrehen, aber häufig putscht es auch die Ängste hoch. Diejenigen, die ihre Schwangerschaft genießen konnten und sagen wir einmal lax, Glück gehabt haben, werden verhältnismäßig weniger schreiben als die, denen etwas widerfahren ist, was nur wenigen widerfährt. Das Internet bildet nicht unbedingt die Wirklichkeit ab. Und im Internet lässt sich vieles ganz schnell und ganz einfach mit ein paar Mausklicks ungeprüft reproduzieren. Es gibt sicher ein paar sehr gute Seiten im Internet, die sehr hilfreich sind, aber es gibt auch sehr sehr viele, auf die man locker verzichten könnte.
Sprechen ist wichtig!
Erfreulicherweise können die meisten Ängste im Gespräch ausgeräumt werden und es läuft später alles nach Plan. Oder es können dank der rechtzeitig gestellten Fragen Erkenntnisse gewonnen werden, die dazu führen, dass mögliche Komplikationen rechtzeitig erkannt und ihnen entgegen gewirkt werden kann. Ich denke an die durch Katzen übertragene Toxoplasmose, für die mittlerweile fast jeder in Europa Abwehrkörper in sich trägt. Die Erkrankung ist für das Ungeborene problematisch, aber nur im Fall einer frischen Infektion. Wir testen auch immer wieder darauf, sind angehalten, das zu tun, aber das Ergebnis ist meist vorhersehbar: die Antikörper im Blut bedeuten, dass die Infektion bereits vor der Schwangerschaft durchlebt wurde und daher das ungeborene Kind nicht betroffen ist. Anders dagegen der Begriff der Gestose, der eine Vielzahl von Krankheiten während der Schwangerschaft betrifft. Hier gibt es erfreulicherweise auch meistens einen harmlosen Verlauf, wenn rechtzeitig gegengesteuert wird, aber in wenigen Fällen kann es zu schwerwiegenden Komplikationen kommen. Daher ist in jedem Fall Sprechen wichtig, darum legen wir auch so großen Wert darauf.
Bitte fragen Sie nach
Manchmal ist der Alltag stressig und Gespräche fallen kürzer aus als geplant. Manchmal kommen die Fragen auch erst auf dem Nachhauseweg. Bitte, fragen Sie nach! Machen Sie einen neuen Termin. Kommen Sie vorbei. Genieren Sie sich nicht, keine Frage ist zu blöd. Haben Sie aber Verständnis, dass wir Ihre E-Mails nicht beantworten können, dass überfordert uns. Haben Sie bitte Verständnis, dass am Feierabend auch wir einmal abschalten müssen, damit wir morgen wieder für Sie da sein können. Schreiben an sich ist aber gut! Sehr gut sogar. Legen Sie sich ein Notiz- oder Tagebuch an und schreiben Sie! Ihre Ängste, Ihre Fragen, aber auch über das Wunder Leben, wenn Sie mögen. Wenn ihr Baby von innen an Ihre Bauchdecke klopft oder sie seine Bewegungen zum ersten Mal gespürt haben. Schreiben Sie es auf, es ist hilfreich. Es tut gut.
Angst ist normal
Aber was ist, wenn Sie berechtigte Angst haben, wenn Sie befürchten, eine Risikoschwangerschaft auszutragen. Sie haben Horrorgeschichten aus Ihrer Familie gehört oder es geht Ihne einfch schlecht, Sie haben Beschwerden. Dann ist es noch wichtiger, die Gedanken klar zu fassen. Wir haben auf dieser Seite lange überlegt, ob wir auch über das Thema Risikoschwangerschaft schreiben sollen. Wir wollen keine Quote mit dem Leid anderer Menschen machen, d.h. die Besuchszahlen auf unserer Seite hochtreiben, wenn wir gezielt über Krankheiten und Horrorszenarien schreiben. Es ist ein sensibles Thema. Jeder Mensch tickt zudem anders, ob “normal” oder Risiko schwanger. Durch unsere Arbeit sehen wir viele “erfolgreiche”, also unproblematische Schwangerschaften Jahr für Jahr, das ordnet auch unsere Ängste ein. Ja, wir haben auch Angst. Natürlich möchten wir am liebsten nur gesunde und zufriedene Patientinnen haben. Aber wir lassen Sie natürlich nicht alleine, wenn es einmal nicht so ist. Wir möchten Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen, wenn die Situation einmal aus dem Ruder läuft. Dazu ist auch diese Seite. Ja, Sie soll sie beruhigen, denn beruhigt, entspannt, geht es Ihnen erst einmal besser und damit auch Ihrem Baby.
Jonglieren mit Zahlen bringt nichts
Mit Zahlen wollen wir auf dieser Seite nicht jonglieren, denn Zahlen sind kalt. Dennoch werden wir auch in Zukunft einiges über Risiken in der Schwangerschaft an dieser Stelle berichten. Wir haben auch vor, in näheren Zukunft über Facebook die Möglichkeit zu eröffnen, Nachrichten an uns zu schicken, in denen Sie über ihre ganz persönlichen Erlebnisse aus Ihrer Schwangerschaft berichten können. Wir würden aber diese Texte nicht auf Facebook öffentlich machen, sondern, wenn Sie einverstanden sind, sie mit geändertem Namen auf unsere Webseite setzen. Wir würden Ihnen auch keine Ratschläge geben oder Hilfeleistung leisten können. Dazu haben wir leider keine derzeit Kapazitäten. Wir glauben aber, dass es gut wäre, auf unserer Seite ein Forum mit kleinen Alltagsgeschichten aufzubauen, um Erlebnissen rund um die Schwangerschaft Platz zu geben, die anderen Frauen (und auch Männern!) Einblicke gewähren lassen können, die ihnen helfen und sie anregen.
In diesem Sinne freue ich mich auf das nächste Gespräch mit Ihnen, in meiner Praxis oder auf dieser Seite. Geben Sie so lange auf sich Acht!